Der Autobianchi A112 avancierte mit 1.254.178 Einheiten zum bei Weitem erfolgreichsten Modell der Marke und erreichte eine Produktionsdauer von 17 Jahren. Der A112 darf sich rühmen, im Lande des Stiefels wesentlicher Wegbereiter des modernen Kleinwagens gewesen zu sein.
Ab 1967 war das 1955 gegründete Unternehmern Autobianchi eine vollständige Tochter von Fiat. Fiat nutzte die Marke Autobianchi,
um die neue Technik des Frontantriebs mit Quermotor oder auch die große Heckklappe in Kleinserien am Markt zu testen, ohne das eigene Renommee zu riskieren. Zudem wurden die Autobianchi Modelle eleganter gestaltet und ausgestattet als ihre Fiat-Pendants und entsprechend ausgepreist. Der kleinen Primula folgten A111 und A112. Der A111 war eine viertürige Kompakt-Limousine auf der Plattform der Primula mit Quermotor sowie Frontantrieb und darf als Ausblick auf den Fiat 128 angesehen werden. Der in Deutschland Anfang 1970 eingeführte Autobianchi A112 wiederum nahm technisch wie konzeptionell den Fiat 127 vorweg.
Bekannte Technik im Autobianchi A112
Der A112 verfügte über vier einzeln aufgehängte Räder, vorne mit MacPherson-Federbeinen, einfachen Querlenkern und Stabilisator, hinten mit einer querliegenden Zweiblattfeder, trapezförmigen Querlenkern und Dämpferbeinen. Zunächst war der Autobianchi Kleinwagen ausschließlich mit dem F 100-Motor, einem Reihenvierzylinder mit seitlicher Nockenwelle und 903 cm³ Hubraum aus dem Fiat 850 Sport erhältlich. Der Wegfall von dessen Doppelvergaser drückte die Leistung im A112 aber von 52 auf 44 PS. Gekoppelt an ein Viergang-Getriebe mit Mittelschaltung kam der bei 204 cm Radstand 323 cm lange, 148 cm breite und 136 cm hohe Autobianchi Oldtimer auf einen Kraftstoffverbrauch von durchschnittlich 6,9 l/100 km.
Der Autobianchi Oldtimer war keine lahme Ente
Das sehr kurz übersetzte Getriebe – bei 110 km/h machte der Autobianchi A112 5000 Umdrehungen – erlaubte, Nehmerqualitäten oder Taubheit vorausgesetzt, 144 km/h Spitze. Die hervorragenden Beschleunigungseigenschaften des Autos, das in 13,7 Sekunden von 0 auf 100 spurtete und die Viertelmeile in 18,9 Sekunden absolvierte, deuten darauf hin, dass der 670 kg leichte A112 tatsächlich mehr leistete als die von Autobianchi angegebenen 44 PS. Dass die Spitze im Prospekt vage mit „über 135“ deklariert wurde, nährt diese Vermutung weiter. Für anständige Verzögerung sorgten Scheiben und hinten Trommeln ohne Bremskraftverstärker. Die zunächst auf die Vorderräder wirkende Handbremse blockierte später wie üblich die Hinterräder; vom ersten Tag an ohne Tadel war das unkomplizierte Handling vom Autobianchi Oldtimer mit guter Straßenlage.
Im A112 auf den Hund gekommen
Im Herbst 1971 erhielt der A112 zur Vereinheitlichung der Produktion den 47-PS-Motor des neuen 127, auch wenn das Autobianchi noch längere Zeit 44 PS deklarierte. Im selben Jahr erweiterten aufgrund des erzielten Erfolgs und der hervorragenden Straßenfähigkeiten die A112 E- und Abarth-Versionen das Sortiment. Bei unserem Fotomodell handelt es sich um die bis Januar 1973 gefertigte Urversion mit weißen Frontblinkern; das Fehlen des in den höheren Trimmlinien üblichen Drehzahlmessers weist auf die Basisausführung hin. Selbst hier manifestierte sich der gehobene Anspruch durch ein elegantes Kunstleder-Interieur samt großen Armauflagen sowie serienmäßigem Sportlenkrad; der Holzschaltknauf wurde indes wie das Hundebett statt des Beifahrersitzes nachgerüstet. So einfach lässt sich ungebetener Kritik am eigenen Fahrstil zuvorkommen!