Oben ohne

Klar war der Mercedes 300 SL in Sachen Prestige und Rennerfolgen dem 190 SL haushoch überlegen. Doch lag der Mercedes 190 SL beim Absatz vorn: Von 1955 bis 1963 fand er mit 25.881 Kunden rund achtmal so viele Abnehmer wie Flügeltürer und 300 SL Roadster zusammen.

Die gelben Warzenblinker des 190 SL deuten auf ein nach Juni 1961 gebautes Modell hin ©autorild.de

Der 190 SL war damit so etwas wie der heutige SLK:

Eine Nummer kleiner als die Sechszylinder-Boliden und wesentlich erschwinglicher. Deutlich einfacher und komfortabler zu fahren, hatte der kleine Mercedes Oldtimer bald das Image eines Boulevardcruisers, eines Frauenautos. Überragend schnell war der kleine Mercedes SL auch nicht; rund 175 Sachen Spitze waren wohl respektabel, aber keineswegs rasant. Gleiches galt für die gut 14 Sekunden, die der Mercedes Sportwagen für den Sprint von 0 auf 100 km/h. Der Vierzylinder mit namensstiftenden 1,9 Liter Hubraum mobilisiert 77 kW/105 PS und 142 Nm Drehmoment. Anders als beim 300 SL oblag die Gemischbildung im Mercedes 190 SL zwei Solex Vergasern vom Typ 44 PHH und keiner Einspritzanlage.

Der Mercedes 190 SL setzte noch auf Trommelbremsen rundum

Die hohe Alltagstauglichkeit des 190 SL war vor allem in seiner geringfügig auf 240 cm Radstand verkürten Bodengruppe zu finden. Diese Spende der Mercedes Ponton-Limousine war obendrein recht modern: Wie selbstverständlich brachte sie die hintere Eingelenk-Pendelachse mit, während Ferrari, Maserati und Aston Martin noch der heckseitigen Starrachse die Treue hielten. Konservativer fiel indes die Bremsanlage vom 429 cm langen, 174 cm breiten und 132 cm hohen Mercedes Cabrio aus. Während Triumph TR3 und Audstin-Healey 100 schon früh mit Scheibenbremsen kamen, behielt Stuttgart vier Trommeln über die gesamte Bauzeit bei. Denn als ab 1956 serienmäßig der Bremskraftverstärker T 50 von ATE Einzug hielt, stimmte auch die Verzögerung. 

Durchs Verdeckfenster des Mercedes190 SL ist das große Lenkrad gut zu sehen ©autorild.de

Nicht jeder 190 SL hatte ein Klappverdeck

Vorliegender Mercedes 190 SL macht äußerlich einen prächtigen Eindruck; Chrom und Lack – vermutlich DB166 Blau-Grau – glänzen um die Wette. Die gelben Warzenblinker weisen auf ein ab Juni 1961 gebautes Modell hin; allerdings lassen sich die Mercedes Teile auch ohne weiteres wechseln, sodass in diesem Punkt keine Sicherheit besteht. Bei unserem 190 SL-Fotomodell handelt es sich um die Roadster-Ausführung mit Softtop oder um das allwettertaugliche Coupé mit Hardtop und Stoffverdeck; tatsächlich gab es auch ein entsprechendes Mercedes Coupé nur mit Hardtop, aber ohne Stoffverdeck und Verdeckkasten. Bleibt nur zu hoffen, dass der Eigner von diesem Mercedes 190 SL Cabrio noch gut hinterm 42-cm-Lenkrad Platz findet – und eine regenfreie Saison genießen kann. 

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