2 Türen

Würstchen, Bacon, Rührei, Brot, Lachs, Hering, Müsli, Blätterteiggebäck, Saft, Tee und Milch in der Copper Mountain Lodge ergeben ein üppiges Frühstück. Mal sehen, ob ein Profi das durch jegliche Ignoranz möglicher Tempolimits zugunsten des Traumgewichts wieder zu Tage befördern kann. Slim-Fast für Autofans.

Extra-Scheinwerfer sind an einem Rallyewagen nie verkehrt ©autorild.de

„Nee, ich fahre da nicht mit, da kotz’ ich dem die ganze Karre dicht!“ Oder:

„Ich bin voll der schlechte Beifahrer, rechts sitzen kann ich überhaupt nicht!“ Autojournalisten sind auch nur Menschen, wie die Besorgnisse einiger Kollegen zeigen. Anders als den serienmäßigen Sport quattro für die Straße dürfen wir dieses Geschoss aus dem Fundus der Audi Tradition aus unerklärlichen Gründen nicht selbst steuern. Soll tricky zu fahren zu sein und so. Am Lenkrad sitzt dafür einer, der im Umgang mit PS-Protzen auf Schotter und Schnee umso erfahrener ist. Nicht weil er nachts Colin McRae durchgezockt hat, sondern richtiger Rallye-Weltmeister geworden ist. Ja, Mann. Stig Blomqvist, der den Titel 1984 einfuhr, kutschiert mich und diverse ebenso mutige Motortexter durch schwedische Wälder. Grund für diese Einladung: Die Marke mit den vier Ringen stellte Ende März den neuen Audi S1 vor. Da lag es doch nahe, dessen Namensvetter, den Sport quattro S1 in die Erinnerung der Pressevertreter zurückzurufen. Bei mir nicht nötig, ich fülle die erste Haftungsausschlusserklärung des Tages aus. Der historische S1 ist jedoch nur zum Angucken, Träumen und Herumposen vor Ort, für packende Mobilität sorgt einer seiner Vorgänger, nämlich der Audi Sport quattro Rallye. 

Siegertypen: Blomqvist und der quattro Rallye ©autorild.de

Ein alt gewordener Herr wachen Blickes taucht auf, er versprüht die Aura von Don Corleone: Nur keine Bewegung zuviel, jeder Griff sitzt. Keine Spur von Hektik oder Nervosität. Jetzt Blitzlichtgewitter, die übrigen Berichterstatter haben ihn auch erkannt. Er zeigt keine Emotionen. Eiskalt. Während sein Dienstwagen – der Sport quattro Rallye, in dem Christian Geistdörfer Walther Röhrl 1985 den direkten Weg zum zweiten Platz in Monte Carlo wies – warmläuft, ist mit Gesichtsmaske, feuerfestem Overall, Nackenwirbelschutz und einem fetten Helm samt integriertem Gehörschutz die passende Kleidung anzulegen. Letzterer funktioniert so prima, dass ich herumbrüllen muss, um mich beim Sprechen selbst zu hören. Nun noch elegant über den Sicherheitskäfig steigen, boing Dachkontakt, gut, dass sich behelmt bin, endlich klemme ich im laminierten Schalensitz. Der Sabelt-Gurt wird mir stramm gespannt, die breite Tür knallt scheppernd ins Schloss.

Im Audi sport quattro Rallye gings zweckmäßig zu ©autorild.de

Zwischen zahlreichen Anzeigen und Schaltern nur wenige gewohnte Details; aus dem Serienregal stammen wohl allein die Luftausströmer und Hebel an der Lenksäule. Immerhin ein vermeintliches Komfortfeature gibt es in diesem zweckmäßigen Arbeitsgerät, das gehörig nach hochoktanigem Kraftstoff riecht: Vor mir baut sich ein Fußbänkchen aus gelochtem Blech auf, das jedoch weniger meinem Wohlbefinden als der Vollendung meiner Fixierung dient. Der Fünfzylinder-Turbo macht einen tierischen Lärm, der Auspuff rotzt lautstark vor sich hin. Kein Wunder, das maximale Drehmoment liegt erst bei 5.500 Touren an, die Nennleistung gar bei derer 7.500. Der Gehörschutz erklärt sich von selbst. 

Posen vor dem falschen Auto? Kommt in den besten Kreisen vor! ©autorild.de

Sobald wir den dafür erkorenen Waldweg erreicht haben, tritt Stig drauf. Die Spikes krallen sich in den festgefahrenen Schnee, der 420 PS starke Rallye-quattro schießt von dannen. Und ja, es wird laut. Trotz Gehörschutz. Die Beschleunigung ist auch nach heutigem Maßstab umwerfend: In 3,8 Sekunden stürmt der Ingolstädter von 0 auf 100 Sachen. In den Recaro presst mich dabei nichts mehr, da übernimmt bereits der Hosenträgergurt. Irre. Wo ist mein Aufschrieb? Dank meiner unverrückbaren Einbaulage bestünde kein Problem, dem Herrn am Sportlenkrad Richtungsanweisungen genauso ernsthaft wie Tabloid-Tratsch vorzutragen. Und Stig? Führt bestenfalls marginale Lenkkorrekturen aus. Hält den Renner nur vor Kurven instabil, übersteuert leicht. Wenn er tatsächlich mal bremst und nicht bloß vom Gas geht, quietscht es bedenklich. Weitere Bedenken wirft der schweigsame Schwede aber gleich mit dem lautstarken Angriff auf die nächste Kurve von Bord.

Kühler müssen nicht zwangsläufig vorn positioniert sein ©autorild.de

Hier spritzt eine einsame Pfütze, dort fliegt der grobe Schotter in die Vegetation. Da die Audi Tradition den Wagen im Originalzustand belassen hat, prangt neben Bad Hombourg auch immer noch die HB-Werbung dran. Und wie das Maskottchen dieses Werbepartners geht auch der Rallye-quattro in die Luft. Großartig! Den Sprung über eine Kuppe nimmt der Wagen keineswegs übel, die Aufhängung ist auf solche Luftnummern ja ausgelegt. Direkt weiter, links zwei, geht auf. Zum Abschluss noch mal Vollgas, die 1.050 kg Gewicht des Sport quattro Rallye haben den 460 Nm Drehmoment des 2142 ccm großen Vierventilers nichts entgegenzusetzen, die Bäume links und rechts von uns verschwimmen in der Wahrnehmung. Zweimal hochschalten, schon zeigt die Tachonadel 160 Sachen an. Im nordischen Nirgendwo auf vereister Schneedecke. So darf ein Dienstag aussehen.

Ein Schiebefenster muss im Audi Sportwagen langen ©autorild.de

Was ist nun eigentlich mit „Blommi bäumt den Magen auf“ – hat er? Nix, vergiss es. Bauchweh bereitet Dir jeder rotlichtverachtende Taxifahrer oder jugendliche Heizer wesentlich leichter. Bei Stig waren lediglich zig Jahre an Erfahrung zu spüren. Dennoch, die Zigarette danach tut wirklich gut. So einen Ritt erlebt man ja nun nicht alle Tage. Gewohnt, der Routenplanung des Copiloten zu lauschen, hat Stig während der ganzen Fahrt nicht ein Wort von sich gegeben. Nach der Demotour waren es immerhin zwei - allerdings in schriftlicher Form. Und genau dieses Autogramm nebst einem Spike seines Audi Sport quattro Rallye verlosen wir unter Euch. Bis zum 28.02.2015 ist anhand eines Kommentars folgende Frage zu beantworten: Wer war Copilot von Stig Blomqvist in seinem Meisterschaftsjahr 1984?

Diesen Artikel teilen in:

Submit to DeliciousSubmit to DiggSubmit to FacebookSubmit to Google PlusSubmit to StumbleuponSubmit to TechnoratiSubmit to TwitterSubmit to LinkedIn

Kommentare  

0 #1 froupe 2015-01-08 16:52
Hallo Arild,
ich beneide Dich um dieses Erlebnis,
Björn Cederberg, war Copilot von SB und mit ihm Weltmeister.
Gruß froupe
Zitieren

Kommentar schreiben


Sicherheitscode
Aktualisieren